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17.12.99
Wir drehen einen Werbe-/Hochzeitsspot!
Wir drehen für unseren Sponsor CameloT ein lustiges Home-Video. Flo hat Geburtstag. Ausserdem wechselt Tini heute ihren Nachnamen.
UND SO KAM DAS GANZE:
Eines Abends sprachen wir über unseren USA-Aufenthalt, der uns vorkam, als wäre er schon Jahre her. Wir redeten auch über die kurze Trennung und was wir uns damals im Liberty Hotel bei unserer Zinfandel-Laune ausgedacht hatten: die Hochzeit.
Fast undenkbar, aber nach allem was passiert war und wie wir versucht haben damit umzugehen, kamen wir uns eben nahe. Sicher hatten wir auch die Grenzen öfter überschritten als viele andere Paare, die knapp 6 Monate zusammen sind, aber diese Tatsache verband uns und ließ uns darauf vertrauen, das wir alle zukünftigen Probleme gemeinsam meistern werden und uns nicht nach 3 Monaten wieder scheiden lassen würden.
Irgendwie war es nur ein Hirngespirnst, irgendwie aber auch ein recht konkretes und als wir so darüber nachdachten, schlug ich vor mich eben mal zu informieren. Wieso sollten wir heiraten? Gab es einen Grund? Gab es einen Grund der dagegen sprechen würde?
Schneller als erwartet hatte ich die Unterlagen für die Eheschließung. Wir guckten uns gemeinsam das Formular an und schmunzelten wie zwei Kinder im Sandkasten, die zum ersten Mal ein Schaufel in die Hand bekamen. Sollten wir es wirklich tun? Noch wusste noch keiner von unserer Idee. Ich hatte es bei meiner Mutter erwähnt, die mir die Sache nicht wie erwartet, ausredete, sondern mich darauf hinwies, das ich schon immer wüsste was ich tue und ich es machen solle, wenn es mir richtig erscheint.
Wir ließen uns einen Ehevertrag schicken und machten einen Termin bei einem Notar. Schließlich sollte keiner von uns finanzielle Nachteile oder Verpflichtungen durch diese Verbindung haben. Wir wollten heiraten – mit möglichst wenig Bürokratie und Schnorksel. Einfach heiraten, weil wir beide es wollten.
Nach dem Notartermin und der Festlegung des Termins im Rathaus standen uns die Gespräche mit unseren Eltern bevor. Meine Mutter würde sich freuen. Sie schickte mir auf meinen Anruf hin Unterlagen und Zeitungsausschnitte zum Thema „Heiraten“ sowie eine Karte „Ich bin stolz darauf, was du alles auf die Beine stellst! Mami“.
Mein Vater sah zwar nicht unbedingt einen Sinn darin, da wir ja keine Familie gründen wollten und auch sonst keine wirklichen Vorteile dadurch entstehen, aber hatte auch nichts Negatives dazu zu sagen.
Schwieriger war es da schon bei seiner Mutter. Wir fuhren eines Abends nach dem Büro zu ihr und da sie schon im Bett war, kroch sie etwas zerknirscht mit uns ins Wohnzimmer. Als er sie dann einweite, gefiel ihr der Gedanke gar nicht. „Frank, das muss doch nicht sein!“, „Nein, ich finde das nicht gut!“ – Ich saß ziemlich klein neben ihm auf der Couch und wäre am liebsten in die Konsistenz des Schaumstoff übergegangen. Er brauchte seine Geburtsurkunde und das war der eigentliche Grund weshalb wir also jetzt hier saßen. Diese Tatsache und der Umstand das sie wohl schon geschlafen hatte, brachte einen fiesen Beigeschmack in unseren Plan. Ich wünschte ich wäre nicht mitgekommen oder hätte die Situation irgendetwas ändern oder mir die Ohren zuhalten können. Aber es war zu spät. Es war raus.
Auf der Heimfahrt erklärte ich ihm das ich unter diesen Umständen nicht heiraten wollte. Schließlich solle diese Hochzeit allen nur Glück und Spaß bringen und nicht jemanden unglücklich machen.
Einige Tage später entschuldigte sie sich bei mir für ihre Reaktion. Es wäre eben etwas viel und plötzlich für sie gewesen. Aber wenn er es machen wolle, dann soll er es eben tun und wir hätten ihren Segen.
Eines Abends übte ich in der Küche meine neue Unterschrift. Ich hatte viel Vergnügen, jedoch hätte ich auch gerne mit jemanden meine Freude darüber geteilt, was ich gerade tat. Aber die Mission war „top secret“ – so musste ich eben allein durchhalten.
Der große Tag rückte unaufhörlich näher. Für mich waren die wenigen verbleibenden Tage verschleiert. Ich hätte so gerne mit jemanden geredet, aber wir wollten es eben heimlich tun. Nur unsere Familien sollten dabei sein, und je ein Trauzeuge, seine Ex-Freundin und mein bester Freund.
Den Termin hatten wir auf einen Freitagvormittag gelegt, da seine Mutter da ihren freien Tag hatte, sonst auch nichts dagegen sprach und Flos Geburtstag am gleichen Tag sein würde. Den geplanten Amateur-Werbespot könnten wir dann auch gleich noch am Nachmittag drehen und so hätten wir diesen Tag mit all unseren Freunden verbracht, die unwissend zu diesem Zeitpunkt mit uns zusammen wären. Das war der Plan.
Wir besorgten Ringe, die wir eine Woche vorher als Verlobungsringe an der linken Hand trugen, um einerseits ein Gefühl dafür zu bekommen und andererseits nicht gleich alle damit zu konfrontieren, wenn die Hochzeit stattgefunden hätte und wir noch nichts sagen wollten. Der Ringe-Kauf hatte großen Spaß gemacht und wir freuten uns gemeinsam über das Ereignis.
Ich bekam einen schönen Weissgold-Ring mit der Gravur „Frank 17.12.1999“ und er einen mit „Tini 17.12.1999“.
Der andere Frank im Büro fand eines Abends den Vordruck eines Ehevertrags und sprach Frank darauf an. Da er ihn nicht belügen wollte, weihte er ihn in unseren Plan ein. Er zeigte ihm die Ringe. Der andere Frank fand die ganze Sache „krass“, erklärte sich aber bereit die Hochzeit zu filmen.
DER GROSSE TAG – 17.12.1999
Freitagmorgens wachte ich auf und war leicht nervös. Es war wirklich schnell gegangen und am Vorabend hatte ich mir meine Hochzeitshose noch mit Öl beschmutzt und hoffte, die Flecken seien verschwunden.
Leider nein. Wenn das mal kein Omen sein sollte. Wir fuhren nach Germering zu einem Blumenladen wo ich einen wunderbaren Brautstrauß mit weißen Lilien und roten Rosen erhielt. Sein Mutter hatte ihn da etwas bequatscht, dass das das Mindeste wäre, wenn wir schon auf Schnörkel verzichten wollten.
Vor dem Rathaus trafen wir langsam alle ein. Seine Mutter hatte eine Laufmasche und kaufte sich gegenüber in der Kaufhalle noch eine Neue. Unsere Trauzeugen waren fein rausgeputzt, die Kamera war bereit und wir wurden in den Vorraum geführt. Leicht beklommen und mit einem unglaublichen Schleier vor den Augen, ging kurze Zeit später die Tür auf und wir wurden hereingebeten. Beim Einmarsch wurde der Hochzeitsmarsch gespielt und ich realisierte so langsam was gleich passieren würde.
Plötzlich standen wir nebeneinander und die Standesbeamtin erklärte uns zu „Mann und Frau“. Als sie das gesagt hatte, bemerkte ich wie Frank leicht zitterte und ihm Tränen in den Augen standen. Bisher fand ich alles höchstamüsant und musste immer vor mich hin schmunzeln. Aber als ich das sah bemerkte ich wie ernst diese Sache gerade ist und wie viel es für uns beide bedeutet. Ich musste mit ein paar Tränen kämpfen. Beim Abmarsch spielte der lustige mitgebuchte Orgelspieler „Love & Marriage“ und alle hatten ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Es war keine große Show, aber dieser Moment hatte durch aus einen Glanz.
Anschließend fuhren wir mit der Hochzeitsgesellschaft in den „Alten Wirt“. Dort begannen wir die Geschenke auszupacken und zu speisen. Die Runde war sehr angenehm und ich war zufrieden. Nach dem Essen und netten Gesprächen fuhren wir zu Burger King wo wir uns mit allen Freunden und Mitarbeitern verabredet hatten. Der Kulturschock ließ grüßen. Keiner ahnte was wir nur 3 Stunden zuvor getan hatten.
Miki bemerkte die Ringe zum ersten Mal – und hielt darüber einen Monolog was das jetzt zu bedeuten habe. Eben Freundschaft oder verlobt, wenn auf der linken Seite. Stellte dann aber fest, das wir die Ringe rechts tragen würden und lachte vor sich hin, da die Bedeutung „verheiratet“ wohl auszuschließen war. Wir uns verschworen an.
Am Nachmittag filmten wir an einem See den Werbespot und hatten alle viel Spaß dabei. Flo hatte Geburtstag und das war schon Grund genug etwas mehr Spaß zu haben als sonst.
Abends – so war der weitere Plan – sollten wir dann alle zusammen das Werk betrachten und wir würden ihnen dann nach dem Werbespots unser Hochzeitsvideo zeigen. Ich fieberte dem Moment entgegen endlich darüber reden zu können. Es brach schon fast aus mir heraus und ich hätte am liebsten jeden einzeln zur Seite genommen und ihn eingeweiht.
Wir saßen dann alle im Wohnzimmer und lachten uns über das Filmmaterial krank. Als wir dann alle Einstellungen durch hatten, fingen die anderen schon an aufzustehen und ins Bett gehen zu wollen. Wir sagten, sie sollen sich wieder setzen und dann ging es los...
Der Hochzeitsmarsch begann und wir traten vor die Standesbeamtin. Die Gesichter von Jule, Uli, und Flo waren wie erstarrt. Jule meinte, „es ist nicht das nach dem es jetzt aussieht, oder?“. Es dauerte einige Minuten bis sie das ganze Ausmaß dieses Ausschnitt begreifen konnten und leicht irritiert gratulierten.
Wir köpften dann eine weitere Flasche Champagner und feierten noch etwas „unseren großen kleinen Tag“.
DIE PARTY
Am nächsten Abend war eine große WG-Party angesagt, bei der alle Freunde kommen würden. Ich war wirklich sehr gespannt auf die Reaktionen seiner und meiner Freunde.
Jedes Mal wenn ein neuer Schwung der Leute die uns kannten kam, setzten wir sie zuerst ins Wohnzimmer vor den Fernseher um ihnen den grandiosen Werbespot vorzuführen und dann das Hochzeitsvideo. So viele unterschiedliche Gesichtsausdrücke hatte ich noch nie zuvor gesehen. Allerdings konnte ich das Tape nach dem dritten Mal nicht mehr wirklich sehen und beobachte nur noch die Leute. Auch der Rest der Party war von Schleiern umhüllt – vielleicht war das ja Wolke sieben?
Posted by tini at 17.12.99 3:26